Ganz schön unsensibel verhalten sich viele Buchautoren gegenüber ihren Lesern. Sie schreiben voller Enthusiasmus über ein Thema, in dem sie sich bestens auskennen, und sie setzen einfach voraus, dass sich der Leser auch dafür interessieren und sich das Feuer schon irgendwie auf ihn übertragen wird. Der Haken ist nur: Der Leser kann jederzeit das Buch zuklappen und etwas anderes machen. Beherzigen Sie als Autor aber fünf goldene Regeln, dann wir Ihnen das nicht passieren.
Die lautlose Flucht
Kennen Sie zum Beispiel das Gefühl, wenn Ihnen jemand ungefragt, aber begeistert von einem Kinofilm erzählt, den er kürzlich gesehen hat? Vielleicht sind Sie im ersten Moment sogar interessiert. Aber dann verliert der Erzähler sich in langatmigen Inhaltsangaben, wirft mit Namen um sich, die Sie keinem Gesicht zuordnen können, und mehr und mehr schweifen Ihre Gedanken ab.
Glauben Sie bitte nicht, so eine Situation könnte einem Leser bei Ihnen als Autor nicht passieren! Eine überwältigende Anzahl von Lesern erlebt das ständig so! Ich bin überzeugt davon, dass die meisten Bücher ihren eigentlichen Zweck verfehlen, weil sie von ihren Lesern nicht zu Ende gelesen werden. Weil die ein feines Gespür dafür haben, ob Sie sich als Autor beim Schreiben überhaupt irgendwelche Gedanken über sie gemacht haben. Und wenn ich mich als Leser nicht angesprochen fühle, dann bin ich schnell weg aus Ihrem Buch und habe genug andere, wichtigere Dinge zu tun.
Und wenn ich Sie danach nicht mal zufällig treffe und Ihnen die Meinung sage oder verärgert eine Mail schreibe, dann bekommen Sie von meiner Flucht gar nichts mit. Sie schließen von der Anzahl der verkauften Bücher auf die Anzahl Ihrer Leser und denken, Sie hätten kommunikativ etwas bewirkt. In Wahrheit ist es allerdings eher so, dass Ihr Buch irgendwo im Regal oder auf dem Flohmarkt verschwindet – und Sie auch nicht mehr sehr viele weitere Bücher verkaufen werden. Denn wenn ich als Leser Ihr Buch nicht weiterempfehle und anderen Leser es ebenso ergeht wie mir, dann läuft sich Ihr Buchprojekt, von dem Sie doch sich so viel erhofft hatten, schnell tot.
Verhängnisvolle Fehler
Kommunikative Desaster dieser Art sind so unnötig wie vermeidbar. Der Grund ist dabei zumeist ganz simpel: Der Autor hat sein Thema wichtiger genommen als seinen Leser. Das ist zunächst einmal verständlich, denn im Thema kennt er sich besser aus. Aber es ist ein verhängnisvoller Fehler. Mein dringender Rat an Autoren zu Beginn einer Buchkonzept-Entwicklung lautet daher stets:
Wenn Sie Leser für ein Thema begeistern wollen, dann nehmen Sie sie wichtiger als dieses Thema!
Machen Sie sich frühzeitig und sorgfältig Gedanken über den Leser! Nehmen Sie ihn so wichtig, wie er tatsächlich für Sie ist: Denn er, nur er entscheidet über den Erfolg Ihres Buches. Wenn Sie ihn nicht erreichen, verfehlt Ihr Buch seinen Zweck.
Ob Sie an Ihre Leser gedacht haben, das entscheidet sich übrigens oft sogar schon, bevor die auch nur eine Zeile Ihres Buches wirklich gelesen haben. Denn ein Leser muss im Normalfall ja erst einmal zum Käufer werden. Und den meisten potentiellen Käufern reicht schon ein Blick auf die Titelformulierung, die Covergestaltung, die Gliederung oder das Layout, um sich angesprochen zu fühlen und neugierig zu werden. Wenn es gut läuft. Wenn es aber nicht gut läuft, dann reicht das auch schon locker aus, dass sie eine Entscheidung gegen das Buch treffen.
Wenn Sie sich also wünschen, dass sich Leser Zeit für Sie nehmen und Ihr Buch lesen sollen, dann nehmen Sie sich vorher umgekehrt Zeit für sie. Entwickeln Sie Ihr Buchkonzept nicht aus dem Thema heraus, sondern gerade umgekehrt vom Leser her.
Und dabei sollten Sie diese fünf goldenen Regeln der Leserorientierung beachten:
- Fokussieren Sie Ihren Leser!
Fragen Sie sich: Für wen wollen Sie schreiben? Und glauben Sie bitte nicht, eigentlich wäre Ihr Buch doch für alle Menschen oder jedenfalls für ganz viele unterschiedliche Zielgruppen interessant. Das funktioniert nämlich nicht. Je mehr verschiedene Zielgruppen Sie avisieren, desto größer wird die Gefahr, dass Sie keine von denen erreichen. Sie müssen sich entscheiden, wen Sie ansprechen wollen. Und das bedeutet zugleich: Wen Sie NICHT ansprechen wollen! Am besten ist es, Sie suchen sich aus der Menge Ihrer potentiellen Leser einen idealen Leser heraus, dem Sie einen Namen und eine kleine Biografie geben, damit er für Sie lebendig wird.
- Beschäftigen Sie sich mit den Sorgen Ihres Lesers!
Überlegen Sie, was dem idealen Leser im Zusammenhang mit dem Thema, über das Sie schreiben wollen, Sorgen und Probleme bereitet. Was treibt ihn so um, dass er deswegen zu einem Buch greifen könnte? Was beschäftigt ihn dermaßen, dass er bereit sein könnte, Ihnen als Autor etliche Stunden seiner kostbaren Zeit zu schenken? Egal, ob Sie in einem Fachbuch Wissen, in einem Ratgeber eine Problemlösung oder in einem Sachbuch einen Denkimpuls vermitteln wollen, immer ist die Grundvoraussetzung, dass der Leser ein Bedürfnis für das verspüren muss, was Sie ihm geben könnten. Wenn Sie so ein Bedürfnis nicht finden, dann können Sie sich das Buchschreiben gleich sparen. Denn warum sollte der Leser das Buch dann kaufen oder gar lesen?
- Überlegen Sie, was Sie Ihrem Leser zu bieten haben!
Welches Wissen wollen Sie Ihrem Leser mitgeben, welche Problemlösung haben Sie ihm anzubieten, oder mit welcher These wollen Sie ihn in seinem Denken weiterbringen? Von welcher Ausgangsposition (A) holen Sie Ihren Leser ab, und zu welchem Ziel (Z) wollen Sie ihn im Laufe des Buches führen? Und was von den vielen vielen Inhalten, die Sie von Ihrem Thema im Kopf haben und die Sie alle so gerne in Ihr Buch hineinbringen würden, ist für den Weg des Leser von A bis Z wirklich notwendig? Nur das muss in Ihr Buch hinein! Und auf alles andere sollten Sie verzichten. Auch wenn’s schwerfällt: Weniger ist mehr! Das gilt nicht nur für die die Auswahl Ihrer Zielgruppen, sondern auch und gerade für die Auswahl Ihrer Inhalte.
- Denken Sie an die Gefühle Ihres Lesers!
Kein Leser hält bei der Lektüre durch oder wird empfänglich für das, was Sie ihm mitgeben wollen, wenn Sie nur seinen Verstand ansprechen. Da verlangen Sie zu viel von ihm. Das ist keine Schwäche Ihres Lesers, sondern so ticken wir alle. Und deswegen gilt: Ihr Buch muss nicht nur voller Wissen und guten Gedanken und tollen Lösungsvorschlägen sein, sondern viel wichtiger ist, dass es spannend zu lesen ist. Im Laufe der Lektüre muss ihr Leser durch emotionale Höhen und Tiefen gehen. Nur wenn Sie seine Ängste und Hoffnungen, seine Zweifel und Wünsche ansprechen, wenn Sie ihn emotional berühren, dann ist er aufnahmebereit für alles, was Sie ihm auf der rationalen Ebene sagen wollen. Deswegen sollten Sie Ihr Buch wie einen Roman konzipieren: mit Helden und Bösewichten, mit Tiefpunkten und Höhepunkten, mit Siegen und Niederlagen. Und das bedeutet: Ihr Buch braucht Stories und jede Menge Überraschungen, immer wieder. Jedes Buch kann so spannend wie ein Krimi oder ein Liebesroman sein: Wenn Sie es für Ihre Leser so konzipieren!
- Sprechen Sie mit Ihrem Leser!
Ich rate jedem Autoren, den idealen Leser virtuell auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch zu setzen und immer wieder mit ihm ganz unvirtuell zu kommunizieren. Wenn Sie im Zweifel sind, wie Sie einen Zusammenhang am besten erklären: Formulieren Sie es mündlich für Ihren idealen Leser. Meistens ist es dann viel einfacher. Und es geht noch weiter: Diskutieren Sie mit Ihrem Leser, antizipieren Sie seine Zweifel, seinen Widerspruch, seine Gegenargumente, und machen Sie daraus einen Dialog. Und lassen Sie Ihren Leser nicht allein, sondern nehmen Sie ihn an die Hand und führen Sie ihn: Sagen Sie ihm, wo Sie gerade sind und wo Sie mit ihm hinwollen, motivieren Sie ihn, unterhalten Sie ihn. Und vor allem: Bitte langweilen Sie ihn bloß nicht!
Wenn Sie diese fünf Regeln anwenden, dann wird Ihnen das Schreiben viel leichter fallen – und Ihrem Leser das Lesen. Das kann der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein…
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