Kennen Sie das? – Klar, was auch immer „das“ sein soll, ich werde es schon wissen. Bin schließlich kluk.
Jeden Tag dasselbe Problem: … – Schnaaarch. Dann ist es mir wohl schon bekannt, wenn es jeden Tag so ist. Den Beitrag brauche ich nicht lesen.
Es ist an der Zeit, dass etwas für die Umwelt getan wird. – Aber hallo! Ach so … war ich gemeint, die aktiv werden soll?
Willkommen in diesem superspannenden, absolut mitreißenden Beitrag! Wenn ich Ihre Aufmerksamkeit noch nicht vollends fesseln konnte, liegt das wohl an den Beispielen oben: Sie stammen aus dem Lexikon für schlechte, langweilige Texteinstiege, die keinen Leser animieren, tiefer in Ihren Beitrag hineinzulesen.
Schade drum, wenn Ihnen die flinken, sensationsgierigen Leser des Internetzeitalters abspringen, bevor Sie überhaupt recht hallo sagen konnten. Umso besser, dass es auch anders geht.
Im Folgenden stelle ich Ihnen ein paar Beispiele für klassische Fehler im Texteinstieg vor, die Ihre Leser vergraulen – und wie Sie es besser machen.
1) Die geschlossene Frage
Kennen Sie das? Wollten Sie auch immer schon mal an die Nordsee fahren? Sind Sie auch genervt, wenn Sie morgens zur Arbeit pendeln?
So, wie viele dieser Fragen haben Sie mit Ja beantwortet? Ist eigentlich auch völlig wurscht, denn ich möchte Ihnen nur deutlich machen: Wenn Ihr Text so beginnt, sind Sie der geschlossenen Frage zum Opfer gefallen.
Sie lässt sich ganz simpel mit Ja oder Nein beantworten, erfordert kein größeres Nachdenken und hat damit einen entscheidenden Nachteil: Die Leser, die mit Nein antworten, sind Sie mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit los. Oder würden Sie einen Text über die Nordsee lesen, wenn Sie noch nie das Bedürfnis hatten, dorthin zu fahren? Hoppla, geschlossene Frage, ich nehm’s zurück.
Merke: Vermeiden Sie geschlossene Fragen, vor allem am Textanfang.
2) Die fehlende Ansprache
Warum man unbedingt mehr Sport treiben sollte, lesen Sie hier. Wie kann Müll besser sortiert werden? Worauf es ankommt, wenn man im Sommer draußen ist.
Damit kommen wir zu Fehler 2: Sie wollen beim Schreiben Ihres Textes eine Botschaft loswerden, klar. Aber bitte vergessen Sie darüber nicht, dass sie auch ankommen muss. Was Sie im persönlichen Gespräch ganz automatisch tun, ist auch in Schriftform erlaubt und ausdrücklich erwünscht: Sprechen Sie Ihre Leser an!
Am leichtesten gelingt das, wenn Sie sich vorm Schreiben einen idealen Leser im Kopf zurechtlegen. Ich wette, Sie schreiben nie mehr für „man“, „jeden“ oder im Passiv!
Merke: Sprechen Sie Ihre Leser an, um Sie zu aktivieren.
3) Der Beitrag für „jedermann“
Wenn Sie Ihre Leser schon aktivieren wollen, dann machen Sie doch am besten auch gleich deutlich, wer hier lesen soll.
Deutschland muss sich ändern. Jemand muss sich der Umwelt annehmen. Wir müssen uns alle an die eigene Nase fassen. – Sorry, aber wer ist denn hier gemeint? Machen Sie möglichst früh deutlich, wen Ihr Text betrifft bzw. wem er einen Mehrwert liefert. Junge Mütter, Führungskräfte im mittleren Management, Katzenbesitzer, Angela Merkel … Sie stellen heraus, wer sich angesprochen fühlen sollte.
Merke: Machen Sie klar, für wen Ihr Text interessant ist.
4) Der Allgemeinplatz
Im Sommer ist es oft warm. Viele Menschen arbeiten in Büros. Mitten durch Tübingen fließt der Neckar.
Hier lesen Sie, was ich im Journalismus unter der schönen Bezeichnung „Allgemeinplatz“ kennengelernt habe – eine Aussage, die keine neue Erkenntnis liefert, sondern vielmehr nur etwas bezeugt, das „eben so ist“ und darüber hinaus allgemein bekannt ist.
Was im Fließtext nicht mehr unbedingt auffällt, kann am Textanfang tödlich sein. Denn die Relevanz Ihres Textes wird so keinem Leser ersichtlich. Starten Sie lieber direkt mit dem Feuerwerk anstatt mit der So-ist-es-immer-Feststellung.
Merke: Vermeiden Sie pauschale, wenig überraschende Feststellungen.
Mit diesem Rüstzeug machen Sie Ihren Texteinstieg zum Angelhaken. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei, Ihre Leser in Ihre Beiträge hineinzuziehen!
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